250 Jahre Philanthropinum

Als „Schule der Menschenfreundschaft“ wurde das Philanthropinum 1774 durch Johann Bernhard Basedow in Dessau gegründet, als „Stammmutter aller guten Schulen“ lobte der Philosoph Immanuel Kant schon kurze Zeit später das fortschrittliche Institut. Obwohl es in seiner ursprünglichen Form nur knapp zwei Jahrzehnte Bestand hatte, entfaltete das Philanthropinum im Zeitalter der Aufklärung eine enorme Ausstrahlung, die weit über die engen Grenzen des Fürstentums Anhalt-Dessau hinausging. Heute gilt es als wichtigste deutsche Reformschule des 18. Jahrhunderts und stellt einen bedeutsamen Gedächtnisort der Pädagogik dar, dessen Wirkung bis heute international anerkannt ist.

Die Stadt Dessau-Roßlau und das Gymnasium Philanthropinum nehmen das 250. Gründungsjubiläum nun zum Anlass, die Geschichte und Gegenwart der Schule im Rahmen eines Festjahres 2024 zu würdigen.

Hier finden Sie einen Überblick über das geplante Jubiläumsprogramm.

Lesereihe „Pflanzschule der Menschheit“

An ausgewählten Orten, die zum Teil engen Bezug zum Philanthropinum besitzen, werden im Laufe des Jubiläumsjahres Autoren und Texte aus dem Kontext der historischen Schule durch namhafte Personen aus Politik, Kirche, Kultur und Medien vorgestellt. Die Veranstaltungen finden im Monatsrhythmus statt.

Der Auftakt der Lesereihe wird am 16. Januar 2024 in der Aula des Gymnasiums Philanthropinum gesetzt. Zur nachhaltigen Wahrnehmung der Veranstaltungsreihe wird die Zusammenarbeit bzw. mediale Begleitung durch entsprechende Medien angestrebt.

Im Rahmen des Projektes STADTLesen wird es zusätzlich zu den zwölf regulären Lesungen der Reihe „Pflanzschule der Menschheit“ ein „Spezial“ geben, das als unterhaltsames Angebot ebenfalls das Jubiläum des Philanthropinum zum Inhalt hat.

16. Januar, 18.00 Uhr
Johann Bernhard Basedow
Gymnasium Philanthropinum Dessau,
Friedrich-Naumann-Straße

20. Februar, 18.00 Uhr
Johann Heinrich Campe
Stadtbibliothek Dessau, Zerbster Straße

21. März, 18.00 Uhr
Ernst Christian Trapp
Stadtarchiv Dessau-Roßlau, Heidestraße

18. April, 16.30 Uhr
Friedrich von Matthisson
Haus der Fürstin, Wörlitz

16. Mai, 18.00 Uhr
Carl Wilhelm Kolbe
Orangerie beim Schloss Georgium, Puschkinallee

31. Mai, 18.00 Uhr
Johann Gottlieb Schummel
„Stadtlesen“ , Marktplatz Dessau

20. Juni, 18.00 Uhr
Moritz/Goethe/Wezel
Eichenkranz Wörlitz

17. Juli, 18.00 Uhr
Hundeiker/Neuendorf
Burg Roßlau, Am Schloßgarten

10. August, 16.30 Uhr
August von Rode
Felseninsel Stein Wörlitz

12. September, 16.30 Uhr
Christian Gotthilf Salzmann
Schloss Luisium, Dessau-Waldersee

15. Oktober, 18.00 Uhr
August Friedrich Wilhelm Crome
Museum für Stadtgeschichte Dessau, Schloßplatz

21. November, 18.00 Uhr
Christian Levin Sander
Anhaltisches Theater Dessau, Friedensplatz

19. Dezember, 18.00 Uhr
Christian Heinrich Wolke
Bauhaus-Museum Dessau, Kavalierstraße

Ausstellung: Kindsköpfe - Kinderporträts vom Barock bis zur Romantik

Im Mittelpunkt der sich vom 17. zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstreckenden Ausstellung steht die Epoche der Aufklärung. Mit ihren neuen pädagogischen Ideen brachte sie eine fundamentale Neubewertung der Kindheit mit sich. Das neue Bild der Kindheit als eigenständige Phase der menschlichen Entwicklung, in welcher eine unbeschwerte und als „natürlich“ apostrophierte Bildung eines jungen Menschen erfolgen sollte, fand seinen Ausdruck in neuartigen Bildnissen. Fortan steht die soziale Rolle der Dargestellten weniger im Vordergrund als die sich entwickelnde Persönlichkeit, die in demonstrativer Natürlichkeit die Betrachtenden emotional anspricht.

Eingebettet ist die Ausstellung zum Wandel des Kinderbildnisses zwischen Barock und Biedermeier in ein 2024 in Dessau-Roßlau begangenes und vom Land Sachsen-Anhalt gefördertes Jubiläumsjahr zur Feier der Gründung des Philantropinum durch Johann Bernhard Basedow vor 250 Jahren. Diese Modellschule der Aufklärung war als wichtiger Baustein des Dessau-Wörlitzer Reformwerks eng mit den modernen Ideen zur Kindererziehung und der Neubewertung der Kindheit als eigenwertige Lebensphase verbunden.

01.09.2024 – 01.12.2024
täglich 10.00 – 18.00 Uhr
(dienstags geschlossen)

Schloss Georgium
Am Georgengarten 18
06846 Dessau

Anhaltische Gemäldegalerie
Puschkinallee 100
06846 Dessau-Roßlau
Tel.Nr.: 0340-6612600

Johann Bernhard Basedow und sein Elementarwerk

Aus Anlass des 300. Geburtstages von Johann Bernhard Basedow, dem Gründer des Philanthropinums in Dessau und Autor des 1774 erschienenen „Elementarwerks“, wird eine Festveranstaltung ausgerichtet.

In einem Vortrag wird dabei an Leben und Werk, aber auch an die zeitgenössische Wirkung des Pädagogen erinnert. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Erwachsenenbildung der Evangelischen Landeskirche Anhalts statt.

 

Festwoche zum 250. Jubiläum

Den Höhepunkt des Jubiläumsjahres bildet die Festwoche vom 15. bis 22. September 2024.

Neben vielen Veranstaltungen wird das Oratorium zum 1774  erschienenen „Elementarwerk“ von Johann Bernhard Basedow uraufgeführt.

15. September, 10.00 Uhr
25. Dessauer Rathaus-Center CityRun
Start und Ziel: Rathaus-Center Dessau, Zerbster Straße

16. September, 18.00 Uhr
Jugend goes Weill
Altes Theater

17. September, 17.00 Uhr
Vernissage zur Ausstellung “UnArtig”, 2. Teil “Wege-Spuren-Augenblicke”
Kunsthalle Dessau, Ratsgasse

18. September, 11.00 Uhr
Podiumsdiskussion „Philan lebt Demokratie“ mit Landtagspräsident Dr. Gunnar Schellenberger
Aula des Philanthropinum

18. September
Festakt “250 Jahre Philanthropinum” mit der Uraufführung des Basedow Oratoriums
Anhaltisches Theater Dessau

19. September
Sportlicher Wettkampf
Paul-Greifzu-Stadion

20. September
Schülerball „Overdressed“
Aula des Philanthropinum

21. September, 14.00 Uhr
Drehbergfest
Drehberg bei Vockerode

22. September
Jubiläums-Brunch
Schulgelände des Philanthropinum

Festakt im Anhaltischen Theater

Der Festakt findet als Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 250-jährigen Jubiläum des Philanthropinums am 18. September 2024 im Anhaltischen Theater Dessau im Beisein des Staatsministers und Ministers für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt Rainer Robra statt. Der Minister ist zugleich Schirmherr des Festjahres. Der Festvortrag wird gehalten von Prof. Dr. Andreas Pečar, der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit lehrt.

Zur Uraufführung gelangt das Oratorium zum 1774 erschienenen „Elementarwerk“ von Johann Bernhard Basedow, das der Komponist Christoph Reuter und der Autor Andreas Hillger unter dem Titel „Ein Vorrath der besten Erkenntnisse“ als Auftragswerk für den Schulchor „Die Fürstsingers“ des Philanthropinums und die Anhaltische Philharmonie schreiben.

Ausstellungsreihe „UnArtig“

In der Kunsthalle des Anhaltischen Kunstvereins e.V. findet aus Anlass des Jubiläums des Philanthropinums eine Ausstellungsreihe im Rahmen des Schulprojekts „UnArtig“ statt.

Im ersten Teil der Reihe wurden im April 2024 unter dem Motto „EinBlick“ Werke aus den Bereichen Malerei, Grafik, Plastik und Fotografie von Schülerinnen und Schülern verschiedener Jahrgänge des Philanthropinums gezeigt.

Der zweite Teil unter dem Motto „Wege-Spuren-Augenblicke“ präsentiert vom 18. – 28. September 2024 ein Potpourri an Schülerarbeiten, welche die 250-jährige Geschichte des Philanthropinums reflektieren.

Dabei haben sich die Schüler mit sehr unterschiedlichen Techniken, wie Bleistiftzeichnungen, Collagen, Drucke, Acryl- und Aquarellmalerei oder plastische Techniken ausprobiert. Sie präsentieren das breite Spektrum der künstlerischen Arbeit im Unterricht.

Die Vernissage findet am Dienstag, 17.09.2024 um 17.00 Uhr in der Kunsthalle des Anhaltischen Kunstvereins statt.

Jugend goes Weill

Schülerinnen und Schüler des Philanthropinums sind alljährlich in das Programm des Dessauer Kurt-Weill-Festes eingebunden. Beispiele für diese fruchtbare Zusammenarbeit werden im Rahmen der Festwoche zu einem eigenen Programm zusammengefügt und im Alten Theater präsentiert.

Drehbergfest

Das Schulfest auf dem Drehberg bei Vockerode, das auf ein historisches Vorbild aus der Gründungszeit des Philanthropinums zurückgeht, hat sich als öffentlichkeitswirksame Veranstaltung etabliert. In diesem Jahr findet das Fest, das traditionell im Umfeld des Geburtstages von Fürstin Luise von Anhalt-Dessau gefeiert wird, im Rahmen der Festwoche statt.

Programmablauf

Ausstellung: Oldschool oder Avantgarde? - 250 Jahre Philanthropin Dessau. Alte Schule neu erzählt

Am 27. Dezember 1774 eröffnete der bereits als Autor von Schriften für neuartige Erziehungsmethoden berühmte Johann Bernhard Basedow (1724–1790) in Dessau das Philanthropinum, eine „Schule der Menschenfreundschaft“, in der er seine pädagogischen Reformideen verwirklichen konnte. Die Gründung wurde durch das Fürstenpaar Leopold Friedrich Franz (1740–1817) und Louise (1750–1811) von Anhalt-Dessau unterstützt und ermöglicht, die damit nicht zuletzt einen enormen Prestigegewinn für ihr kleines Fürstentum erhofften und erhielten.

Als „Stammmutter aller guten Schulen“ (Kant) entfaltete das Dessauer Philanthropin eine Ausstrahlung, die weit über Dessau hinausging und nicht nur auf Schüler, Eltern und Lehrer wirkte, sondern auch die aufgeklärten Publizisten veranlasste, Dessau in den Fokus ihrer Äußerungen und Schriften zu nehmen. In Forschung und Publizistik gilt das Philanthropin als Vorzeigeeinrichtung ihrer Zeit, die innovative Strahlkraft besaß und eine erneuerte Pädagogik bewirkte. Auseinandersetzungen über die interne Organisation, häufiger Wechsel in der Leitung und Streit über die richtigen Wege der Erziehung führten dazu, dass das Dessauer Philanthropin bereits 1793 geschlossen wurde. Doch von diesem Institut gingen vielfältige Impulse auf allgemeine pädagogische und schulpolitische Entwicklungen und nicht zuletzt auch auf das gesellschaftliche, publizistische und künstlerische Leben in unserer Stadt aus.

Die Ausstellung „Oldschool oder Avantgarde? 250 Jahre Philanthropin Dessau. Alte Schule neu erzählt“ bettet das Basedowsche Philanthropin in die politischen und sozialen Kontexte seiner Zeit ein und nimmt die dortige Schulpraxis, die Lehrkräfte einschließlich ihrer Karrierewege, die Schüler und ihre soziale Herkunft, die Erziehungs- und Unterrichtsmethoden sowie die Wirkungen des Schulversuchs auf die Stadt Dessau bis heute, die pädagogischen Nachwirkungen in der Zeit, aber auch die Widersprüche gegen den Philanthropismus in den Blick. Als Kurator der Ausstellung konnte der ausgewiesene Experte Dr. Michael Rocher (Leipzig) gewonnen werden. Daneben wirken zahlreiche Personen und Institutionen an der Vorbereitung der Ausstellung mit, darunter Professoren und Studierende der Hochschule Anhalt, Fachbereich Design, sowie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geschichte. Zur Ausstellung wird ein wissenschaftlicher Katalog erscheinen. Die verschiedenen Kooperationspartner unterbreiten darüber hinaus begleitend zur Ausstellung vielfältige museumspädagogische Angebote und bieten ein umfangreiches Begleitprogramm an.

27.09.2024 – 31.12.2024
Mi — So 10.00 — 17.00 Uhr

Vernissage am 26. September 2024, 18.00 Uhr, Aula des Philanthropinum

Museum für Stadtgeschichte
Schloßplatz 3a
06844 Dessau-Roßlau

Stadtarchiv Dessau-Roßlau und Museums für Stadtgeschichte Dessau

Pädagogische Spaziergänge

Zum Lehr- und Lernkonzept des historischen Philanthropins gehörten auch Ausflüge in die nähere Umgebung. Sie sollten, wie es damals hieß, die naturgegebene Empfindungsfähigkeit der Zöglinge fördern und ihnen Ideale vor Augen führen.

Der unweit der Stadt gelegene kleine Landsitz Luisium bot sich für die Auseinandersetzung mit an Wertvorstellungen der Zeit orientierten charakterlichen Idealen als Ausflugsziel bestens an: Das Erdgeschoss enthält einen prachtvoll ausgestatteten Festsaal, dessen Deckenmalerei das Haus als „Tempel der weiblichen Tugend“ kennzeichnet.

Ausgehend von historisch belegten Inhalten dieser pädagogischen Spaziergänge wird eine geführte Wanderung vom Philanthropinum zum Luisium entwickelt. Generationsübergreifend konzipiert, ist das Format für Schulklassen ebenso geeignet wie für Familien oder Erwachsenengruppen.

02.06., 10.08., 29.09. jeweils 10.00 Uhr

jeweils 3 Stunden

3 €

Vortragsreihe „250 Jahre Philanthropin im Luisium“

2024 jährt sich zum 250. Mal der Baubeginn des Schlosses Luisium. Garten, Architektur und Innenausstattung des unweit der Stadt gelegenen Landsitzes spiegeln auf ganz besondere Weise den Bildungsenthusiasmus der 1770er Jahre.

In Kooperation mit dem Stadtarchiv Dessau-Roßlau wird im Oktober 2024 eine Reihe mit mehreren Vorträgen zum Thema „250 Jahre Philanthropin“ im Festsaal des Luisiums durchgeführt.

03.10.
Dr. Anette Froesch: Zum Luisium

10.10.
Dr. Silke Siebrecht-Grabig: Zu Friedrich Eberhard v. Rochow und Dessau

17.10.
Michael Rocher: Zum Vergleich der Pädagogik am
Philanthropin und anderen Schulen

24.10.
Wiebke Helm: Zum Philanthropin und Dessau

31.10.
Prof. Dr. Hanno Schmitt: Daniel Chodowiecki und das Elementarwerk

Kinder-Schauspiele

In Korrespondenz mit dem UNESCO-Welterbe Gartenreich Dessau-Wörlitz (Reformwerk der Aufklärung) gestalten die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und die Stadt Dessau-Roßlau das Gartenreichfest im Georgium Dessau.

Als Referenz zum Jubiläum des Philanthropinums soll dabei eine zeitgemäße Adaption der „Kinder-Schauspiele“ des Philanthropinum-Lehrers August von Rode gezeigt werden. Neben seiner berühmten Beschreibung der Wörlitzer Anlagen hinterließ von Rode auch einen Band mit Theaterstücken, die moralische Ideale anschaulich in Szenen aus dem bürgerlichen Familienleben seiner Zeit übersetzen.

Das Gartenreichfest bietet einen guten Anlass, eine Aufführung durch Kinder und Jugendliche erarbeiten zu lassen und zu präsentieren. Als professioneller Partner für die Inszenierung ist der Burgtheater Roßlau e. V. angefragt.

Denklehrzimmer „Wolke’s Cloud“

Mit seinem „Denklehrzimmer“ entwarf Basedows Stellvertreter Christian Heinrich Wolke, der von 1778 bis 1784 als Rektor des Dessauer Philanthropinums tätig war, einen utopischen (und von Daniel Chodowiecki im Bild realisierten) Wissenskosmos für Kinder. Obwohl dieser Lernort mit seinen Modellen und Bildern, seinen Schubfächern und Guckkästen als enzyklopädischer Schauplatz im Philanthropinum nie Gestalt annahm, könnte er nun neu definiert und spielerisch erweitert werden.

Als digitaler – und daher theoretisch unbegrenzter – Raum soll er von den Lernenden und Lehrenden selbst befüllt und erweitert werden, ein realer Zugang zu diesem Archiv könnte in der Schule und/oder im Museum für Stadtgeschichte entstehen. Die zeitgemäße Entsprechung zu dem historischen Entwurf des „Denklehrzimmers“, die unter dem naheliegenden Arbeitstitel „Wolke’s Cloud“ firmiert, soll zum Ende des Jubiläumsjahres als „öffentlicher“ Raum etabliert werden und danach allen Interessenten zugänglich sein – wobei auch Angebote zur Inklusion sowie zu den philanthropischen Ansätzen der religiösen wie kulturellen Toleranz unterbreitet werden.

Die „Cloud“ könnte zudem eine Überleitung zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum 2025/2026 darstellen, weil darin gestalterische Experimente des Vorkurses nachvollzogen werden – und weil eine Didaktik des Digitalen die mediale Avantgarde fortschreibt.

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